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Berlin/Cape Canaveral — Beim dritten und bisher längsten Ausstieg aus der Internationalen Raumstation ISS haben sich zwei US-Astronauten in der Nacht zum Sonntag redlich bemüht, das defekte Drehgestell eines Sonnensegels wieder gangbar zu machen. Doch trotz intensiver Bemühungen gelang es den „Endeavour“-Missionsspezialisten Heidemarie Stefanyshyn-Piper und Steve Bowen in sechs Stunden und 57 Minuten nicht, die Arbeiten an dem wagenradgroßen Aggregat abzuschließen. Deshalb sollen am Montagabend zwei andere Astronauten bei einem vierten und letzten „Weltraumspaziergang“ das Werk vollenden.

Stefanyshyn-Piper und Bowen wechselten fünf der sechs Kugellager aus, von denen man annimmt, dass sie aus bisher unbekannten Gründen „gefressen“ haben. Zudem schmierten sie die intakten Lager und versuchten, sie von Metallspänen zu säubern.

Stefanyshyn-Piper hat damit fünf Ausstiege mit einer Gesamtdauer von 33 Stunden und 42 Minuten auf ihrem Konto. Die 45-jährige Spezialistin für Ingenieurmechanik hatte bei ihrem ersten Raumflug im September 2006 bereits zweimal die ISS zu Montagearbeiten verlassen. Sie ist damit nach ihrer Landsfrau Peggy Whitson die zweiterfolgreichste weibliche „Aussteigerin“.

In der Nacht von Montag auf Dienstag sollen Bowen und Shane Kimbrough ein sechstes defektes Lager austauschen und die Schmier- und Säuberungsarbeiten abschließen. Der Defekt am Drehgestell war vor gut einem Jahr entdeckt worden. Dadurch konnte eines der drei ISS-Sonnensegel nicht mehr optimal auf die Sonne ausgerichtet werden, was zu Problemen mit der Energieversorgung der Station führte.

Die restlichen Mitglieder der siebenköpfigen „Endeavour“-Crew betätigten sich am Sonntag erneut als Transport- und Montagearbeiter. Sie brachen weitere Versorgungsgüter aus dem Shuttle in die Station und installierten sie.

Indes bereitet die Inbetriebnahme der neuen Wasseraufbereitungsanlage Kopfzerbrechen. Offenbar wegen eines fehlerhaften Sensors schaltet sich der Antriebsmotor etwa nach zwei Stunden selbsttätig ab. Die 250 Millionen Dollar teure Anlage habe zwar Urin zu Trinkwasser recycelt, jedoch nicht in der erforderlichen Menge, teilte die Luft- und Raumfahrtbehörde NASA mit. Deshalb werde weiter an der Beseitigung des Problems gearbeitet. Eine vorsorglich dafür eingeplante mögliche Verlängerung der 15-Tage-Mission um einen Tag werde aber wohl nicht erforderlich sein.

Die Wasseraufbereitungsanlage, die zu einer zweiten Bordtoilette gehört, die mit der „Endeavour“ zur ISS gebracht worden war, ist ein Schüsselelement für die künftige Verdopplung der Stammbesatzung auf sechs Raumfahrer. Die bisher einzige Toiletten im russischen ISS-Segment war in letzter Zeit zweimal ausgefallen, konnte aber glücklicherweise immer wieder repariert werden – nicht zuletzt, weil zufällig gerade eine US-Raumfähre in letzter Minute die Ersatzteile mitnehmen konnte.

Der Flugleiter des russischen ISS-Segments, Wladimir Solowjow, sagte in diesem Zusammenhang, sein Land nehme die Toilettenfrage „sehr ernst“. Denn wenn einmal eine Reparatur mit Bordmittel nicht möglich sei, müsse wohl oder übel die ISS-Besatzung schnellstens zur Erde zurückgeholt werden. Und das wäre dann einmalig in der Raumfahrtgeschichte.

(Veröffentlicht am 23. November 2008)