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Berlin/Moskau, 20. Dezember 2009 — Vorweihnachtliche Premiere in der kasachischen Steppe: Zum ersten Mal ist ein bemanntes russisches Raumschiff nachts vom Kosmodrom Baikonur zur Internationalen Raumstation gestartet. Am Sonntagabend um 22.52 Uhr deutscher Zeit (Montag 00.52 Uhr Moskauer Zeit) hat sich „Sojus TMA-17“ mit dem Russen Oleg Kotow, dem Amerikaner Timothy Creamer und dem Japaner Soichi Noguchi an Bord auf den Weg zur ISS gemacht. Die Ankopplung ist für die Nacht zum Mittwoch geplant. Das Trio wird als Verstärkung freudig von US-Astronaut Jeffrey Williams und seinem russischen Kollegen Maxim Surajew auf der Umlaufbahn erwartet, die dort seit Ende November allein Dienst tun.

Der Raumfahrtkonzern „Energija“ feiert dabei gleich noch weitere zwei Premieren. So habe man jetzt unterschiedlich große Flaggen der internationalen Besatzung auf die Nutzlastverkleidung des Raumschiffes gemalt, sagte ein Sprecher des „Sojus“-Herstellers. Die russische Fahne sei größer als die der USA und Japans als „Teilnehmer des Fluges“. Dabei greife man eine Tradition der Marine auf. Wenn bei Schiffen jemand an Bord gehe, sei die Flagge des Gastgebers am Mast auch immer größer als die der Besucher. Außerdem sei man bisher „nur im Frühling, Sommer und Herbst“ zur Station gestartet, betonte der Sprecher. Diesmal geschehe das erstmals auch im Winter. Grund dafür sei der Übergang zu sechsköpfigen Stammbesatzungen.

In der Tat hatte die ISS-Langzeitcrew Ende Mai die Soll-Stärke von sechs Astronauten erreicht. Das Ereignis wurde damals gebührend gefeiert. Doch das Glück währte nicht lange. Derzeit hat die ISS mit Williams und Surajew nur eine Notbesatzung wie weiland nach der „Columbia“-Katastrophe vom Februar 2003. Grund ist der Rückzug der Amerikaner aus dem Mannschaftstransfer. Seit November sorgen die Russen allein mit ihren kleinen dreisitzigen „Sojus“-Schiffen für den Personenverkehr Erde-ISS, und der neue Rhythmus muss sich offenbar erst einpegeln.

Mit Kotow, Creamer und Noguchi sind aber wenigstens wieder fünf Astronauten da oben. Das ermöglicht neben den unerlässlichen Routinearbeiten, die viel Zeit beanspruchen, auch wieder mehr Forschung an Bord. Frühestens im April wird mit dem nächsten Raumschiff die Mannschaft erneut auf sechs Astronauten aufgestockt. Dann wollen sich auch die Amerikaner endgültig äußern, wie sie weiter mit der ISS verfahren werden. Die anderen Partner haben sich längst auf eine Verlängerung der Mission über das Jahr 2015 hinaus bis 2020 geeinigt. Schließlich sollen sich die Milliarden-Investitionen auszahlen. Doch die US-Luft- und Raumfahrtbehörde NASA wartet immer noch auf die schon lange überfällige Entscheidung von Präsident Barack Obama über das neue nationale Raumfahrtprogramm.

Das neue Trio bildet zusammen mit Williams und Surajew die 22. und 23. Stammbesatzung. Zu ihren Aufgaben gehören unter anderem der Empfang von drei US-Raumfähren, einer russischen „Sojus“-Kapsel und zwei  automatischen Versorgungsraumschiffen. Zudem absolvieren die Neuankömmlinge ein Forschungsprogramm mit rund 40 Experimenten und einen Ausstieg in den freien Raum. Schon im Februar bringt ein Shuttle das neue europäische Verbindungsmodul „Tranquility“ (Ruhe) samt der Aussichtsplattform „Cupola“ (Kuppel) mit ihren sechs seitlichen Bullaugen und einem „Dachfenster“ zur ISS. Damit haben die Astronauten einen atemberaubenden Ausblick auf die Station und den Weltraum.

Im Mai folgt dann das Forschungsmodul MIM-1. Es ist dies das erste Bauteil des russischen Segments, das von einer US-Raumfähre auf die Umlaufbahn  gehievt wird. Kotow, Creamer und Noguchi werden bei seiner Montage helfen, bevor sie sich wieder auf den Heimweg machen.

(Material für ddp)

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