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Nowo-Ogarjowo, 13. April 2015 — Vor dem Hintergrund der sich häufenden Hiobsbotschaften von „Wostotschny“ hat Russlands Präsident Wladimir Putin die Beschleunigung der Arbeiten auf der Baustelle des neuen  Kosmodroms im Amur-Gebiet angemahnt. Er wisse von Planrückständen auf dieser Schlüsselbaustelle, sagte Putin am Montag in einem Gespräch mit dem für die Raumfahrt zuständigen Vizepremier Dmitri Rogosin und dem neuen Chef der Raumfahrthehörde Roskosmos, Igor Komarow, in seiner Residenz in Nowo-Ogarjowo  bei Moskau. Allerdings gebe es in letzter Zeit auch Anzeichen für eine Erhöhung des Bautempos. Diese Tendenz müsse beibehalten werden.

Rogosin und Komarow räumten den Verzug ein und versicherten dem Präsidenten, dass dessen Vorgaben für die Fertigstellung des Objekts dennoch eingehalten würden. Der erste unbemannte Start einer Sojus-2-Trägerrakete werde, wie geplant, im Dezember stattfinden.

Mit „Wostotschny“ will sich Russland den unabhängigen Zugang zum All von seinem eigenen Territorium sichern. Von hier sollen künftig alle russischen Satelliten und Raumschiffe mit eigenen Trägerraketen in den Weltraum geschossen werden. Für 2018 ist der erste bemannte Start vorgesehen. Bisher ist Russland dabei auf das Kosmodrom Baikonur angewiesen, das bis 2050 von Kasachstan gepachtet ist. 

Komarow hatte jüngst mitgeteilt, dass es beim Bau der Startrampe 120 Tage und bei anderen Schlüsselobjekten zwischen 30 und 60 Tagen Verzögerung gibt. Zu Ostern waren sogar rund 100 Arbeiter in den Streik getreten, weil sie ihre Löhne nicht erhalten hatten. Rogosin war daraufhin unverzüglich selbst nach „Wostotschny“ gereist, um die Sache zu bereinigen. Zudem laufen auf der Baustelle staatsanwaltschaftliche Ermittlungen wegen finanzieller Unregelmäßigkeiten.
Bei dem Treffen brachte Putin Agenturberichten zufolge auch ein Thema wieder zur Sprache, das eigentlich bei den Experten schon abgehakt ist: die superschwere Trägerrakete, die er gern von „Wostotschny“ starten sehen würde. Komarow betonte zwar, dass in dieser Richtung „gearbeitet“ werde. Man habe jedoch inzwischen entschieden, die einst mit dieser Raketen verfolgten Ziele – vor allem den bemannten Flug zum Mond – nun mit einer schweren Angara zu erreichen. Dazu werde eine spezielle dritte Raketenstufe gebaut. Der Erststart der Angara-A5W  sei für 2021 geplant. Er hoffe, dass mit ihr 2024 auch schon Kosmonauten zur ISS fliegen können.


Diese Rakete könne auch das künftige bemannte Raumschiff samt Landemodul zum Mond bringen, erläuterte der Roskosmos-Chef. Allerdings müsse man dazu zum sogenannten Zweistufensystem übergehen – das heißt, man startet nicht direkt zum Mond, sondern erst in eine Erdumlaufbahn und von dort dann weiter zum Erdtrabanten. Im Vergleich zum superschweren Träger komme man dabei mit etwa einem Zehntel der Kosten – umgerechnet knapp eine Milliarde Euro – aus, sagte Komarow.
 
(c) Gerhard Kowalski 

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