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(Zum 30. Jahrestag des Fluges von Vladimir Remek (CSSR) ins All am 2. März 1978)

Berlin – Vor nunmehr 30 Jahren hat die damalige Sowjetunion begonnen, Vertreter ihrer Verbündeten an Bord ihrer „Sojus“-Raumschiffe mit ins All zu nehmen. Im Rahmen des Interkosmos-Programms machte sie ihre „Bruderländer“ CSSR, Polen, DDR, Bulgarien, Ungarn, Vietnam, Kuba, Mongolei und Rumänien zwischen 1978 und 1981 zu Raumfahrtnationen. Dem Kreml ging es dabei mitnichten nur um einen uneigennützigen Freundschaftsdienst, sondern auch um knallharte wissenschaftliche und ökonomische Ziele. Die UdSSR schlug mit dem spektakulären Programm gleich drei Fliegen mit einer Klappe: Zu einem verringerte sie durch die selbtfinanzierten Beiträge der Partner in Form von hochwertigen Bordgeräten die enormen Kosten ihrer bemannten Raumfahrt. Zudem versuchte sie, angesichts der latenten politischen Differenzen innerhalb ihres Lagers die Verbündeten enger an sich zu binden. Und drittens galt es, den internationalen Missionen der Amerikaner nach dem Jungfernflug ihres Space Shuttles 1981 zuvorzukommen.

Als Ersten nahmen die Sowjets den Tschechoslowaken Vladimir Remek am 2. März 1978 für eine Woche mit zur Raumstation „Salut 6“, im Juni folgte der Pole Miroslaw Hermaszewski. Und erst Ende August war dann die DDR mit Sigmund Jähn an der Reihe, was in Ostberlin zu einigem Unmut führte. Denn Staats- und Parteichef Erich Honecker sah sich zu jener Zeit noch als „treuesten Verbündeten des Landes Lenins“. Moskau hat diese Entscheidung nie offiziell begründet. Deshalb setzte sich im Laufe der Zeit die Version durch, dass man den slawischen Brüdern den Vorzug geben wollte. Zu Remek hieß es zudem, der Kreml wolle sich damit nachträglich für die Niederschlagung des Prager Frühlings 1968 „entschuldigen“. Immerhin war Remek, der heute im Europa-Parlament sitzt, der erste nichtsowjetische und nichtamerikanische Raumfahrer der Welt.

Bis auf Bulgarien mussten sich alle „Bruderstaaten“ auf einen Flug beschränken, obwohl sich beispielsweise die DDR um eine zweite Mission bemühte, die allerdings an den finanziellen Forderungen der Sowjets scheiterte. Sofia bekam allerdings aus einem plausiblen Grund eine zweite Chance. Sein erster Kosmonaut Georgi Iwanow und der sowjetische Kommandant Nikolai Rukawischnikow konnten wegen eines Schadens an ihrem Raumschiff „Sojus 33“ nicht an die Station andocken. Die beiden Männer kehrten nach 47 aufregenden Stunden nur mit Mühe wieder heil auf die Erde zurück. Mitte 1988 erhielt Bulgarien deshalb eine zweite Chance mit Alexander Alexandrow, der dann schon zur neuen Raumstation MIR flog.

Die DDR-Führung hat die einwöchige Mission von Sigmund Jähn, der als Morgengabe die Multispektralkamera MKF 6 aus Jena mitbrachte, als kosmische Bekräftigung ihres „unverbrüchlichen Bruderbundes mit der ruhmreichen Sowjetunion“ gefeiert. Dabei machte sie sogar einen sprachlichen Salto mortale, indem sie Jähn als „ersten Deutschen“ im All bezeichnete, während in der offiziellen Sprachregelung stets nur von „Bürgern der Deutschen Demokratischen Republik“ die Rede war.

Dass die Bundesrepublik erst fünf Jahre später mit Ulf Merbold an Bord eines US-Shuttles nachziehen konnte, wurde mit großer Genugtuung registriert. Dem „Republikflüchtling“ Merbold, der nur 50 Kilometer von Jähns vogtländischem Geburtsort Morgenröthe-Rautenkranz entfernt zur Welt gekommen war, blieb damit aus Sicht der DDR-Oberen der undankbare zweite Platz im internen deutsch-deutschen Wettlauf ums All.

(Veröffentlicht am 28. Februar)

Von admin