
Moskau, 15. September 2020 — In der russischen Raumfahrt ist es am Dienstag zu einem beispiellosen Eklat gekommen. Der Wissenschaftliche Direktor des Moskauer Instituts für Weltraumpolitik, Iwan Moissejew, hat ungewöhnlich scharfe Kritik am Generaldirektor der GK Roskosmos, Dmitri Rogosin (Foto), geübt. Die Mitteilung Rogosins vom selben Tag, dass Russland eine eigene Venus-Mission plane, sei „Stehgreifpolitik“, wie sie für den Chef der Raumfahrtagentur charakteristisch sei. Wenn man ihn nach irgendetwas frage, sage er immer, „dass wir das auch machen“. Da das alles nicht im Raumfahrtprogramm stehe, sei das „heiße Luft“.
Er höre zum ersten Mal von einem solchen „neuen Apparat“, betonte Moissejew, und das passiere nicht zum ersten Mal. Auf diese Weise sei auch „die Neuigkeit von einer wiederverwendbaren Rakete Amur entstanden“. Rogosin könne sich nicht zurückhalten. „Wenn die Amerikaner sagen, dass sie zum Pluto fliegen, sagt er, dass auch bei uns schon lange ein solches Programm existiert.“
Zuvor hatte GK Roskosmos-Pressechef Wladimir Ustimenko einmal mehr eine Mitteilung seines Chefs präzisieren müssen. Rogosin hatte zur Überraschung der Fachwelt mitgeteilt, dass sich Russland vom gemeinsamen Venus-Programm mit den USA zurückziehen werde, um eine eigene Mission auf die Beine zu stellen. Russland verzichte nicht auf die Zusammenarbeit mit den USA beim Projekt Venera-D, sondern plane nur, sich der breiten internationalen Kooperation bei dieser Mission zu enthalten, stellte Ustimenko klar.
© Gerhard Kowalski