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Berlin/Baikonur, 17. September 2009 — Nach fünfjähriger Zwangspause verfügt Russland wieder über einen eigenen Wettersatelliten im All. Im dritten Anlauf ist am Donnerstag um 17.55 Uhr deutscher Zeit „Meteor-M1“ an der Spitze einer „Sojus-2“-Trägerrakete vom Kosmodrom Baikonur (Kasachstan)  auf seine sonnensynchrone Umlaufbahn in knapp 700 Kilometer Höhe geschossen worden. Ironie des Schicksals:  „Witterungsbedingt“ musste der erste Startversuch am Dienstag verschoben werden,  es herrschte zu starker Wind. Beim zweiten Anlauf am Mittwoch gab es technische Probleme.
Der stellvertretende Chef des Wetterdienstes Rosgidromet, Waleri Djadjutschenko, sprach von einem „Festtag“  für sein Land. Der Start bedeute die „Wiedergeburt des nationalen Wettersatellitensystems auf neuem technologischem Niveau“. Viele russische Ministerien und Einrichtungen, aber  auch die internationale Gemeinschaft und die Weltwetterorganisation (WMO) hätten ungeduldig darauf gewartet.
Die knapp 2,8 Tonnen schweren Satelliten des neuen Typs seien ihren amerikanischen und europäischen Konkurrenten „ebenbürtig“  und überträfen diese sogar bei  der Geräteausstattung, betonte der Rosgidromet-Vize. Sie ermöglichten einen „qualitativen Sprung nach vorn“ bei der Vorhersage des Wetters  und von Naturkatastrophen, so auch Erdbeben, bei der Erforschun g der  Atmosphäre sowie der Beobachtung des Festlandes und der Weltmeere. Mit ihren würden der Zustand von landwirtschaftlichen Nutzflächen und Wäldern kontrolliert, Bodenschätze entdeckt und  die Schiffe sicher  durch das nördliche Eismeer geleitet. Zudem erhalte man dadurch die Möglichkeit, „technische Havarien“ und ihre Auswirkungen besser zu verfolgen. Derartige Informationen habe man bisher „in dieser oder jener Form“ auch aus dem Ausland erhalten, fügte Djadjutschenko hinzu. „Aber wir haben verstanden, dass wir unser eigenes System brauchen.“
„Meteor-M“  ist in der Tat mit modernsten Apparaturen für die Erdbeobachtung im sichtbaren, infraroten und Mikrowellenbereich ausgestattet und hat eine höhere Auflösung als alle seine Vorgänger.  Der Satellit schickt zwölfmal am Tag seine Daten über eine 13-Meter-Antenne zur Erde. Dort werden sie ausgewertet  und alle drei Stunden zu Wetterprognosen verdichtet. Die Russen versprechen sich davon nicht nur  präzisere Voraussagen als mit Fremddaten, sondern auch einen höheren ökonomischen Nutzen für ihre Wirtschaft. Dieser belief sich nach offiziellen Berechnungen 2008 auf rund eine halbe Milliarde Dollar.

Die Freude der Russen ist verständlich. Denn seit ihr letzter „Meteor“-Satellit vor fünf Jahren verstummte, waren sie auf die Dienste von Eumetsat angewiesen. Der in Darmstadt ansässigen europäischen Organisation für die  Nutzung meteorologischer Satelliten hatten sie versprochen, im Gegenzug dafür Daten von ihrem neuen geostationären Wettersatelliten „Elektro-L“ zu liefern. Dieser sollte unter der internationalen Bezeichnung GOMS  zusammen mit Satelliten Europas, der USA und Japans die Erde in 35 800 Kilometern Höhe umkreisen. Doch die Fertigstellung verzögerte sich aus finanziellen und technischen Gründen immer wieder. Der Start findet nun voraussichtlich im April 2010 statt.

Die damalige Sowjetunion hatte  im März 1969 den ersten „Meteor“-Satelliten ins All geschossen. Schon 1975 wurde das Nachfolgemodell in Dienst gestellt, das sich durch große Zuverlässigkeit und eine lange Lebensdauer auszeichnete.  In den 70er und 80er Jahren konnte man dadurch gut mit dem Weltmarktführer USA mithalten.  Doch dann stellten sich Probleme ein. Erst mit 15-jähriger Verspätung nahm Russlandf 1994 seinen ersten geostationären Satelliten in Dienst. Doch der funktionierte nur ganze vier Jahre.

Bei den tieffliegenden „Meteor“-Sputniks sah die Lage nicht besser aus. Der letzte wurde 2001 gestartet.  Doch schon Ende 2003 fielen drei der vier Sender aus. Die Leistung des Satelliten sank auf 20 Prozent. Zuletzt lieferte er nur noch Informationen über die Eisdecke in der Arktis,  bis er gänzlich verstummte. Diese Leidenszeit ist nun vorbei. Schon im kommenden Jahr soll „Meteor-M2“ auf die Umlaufbahn geschickt werden, und 2012 vollendet die Nummer 3 dann das neue Wettersatellitensystem.