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Credit: Roskosmos
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Berlin, 29. Dezember 2009 —  Eigentlich könnte die Besatzung der Internationalen Raumstation in  der Silvesternacht 16 Mal das neue Jahr begrüßen. Denn mit ihrer Reisegeschwindigkeit von 28 000 Stundenkilometern überquert die ISS alle knapp 90  Minuten die Datumsgrenze. Offiziell gefeiert wird aber nur zweimal: einmal nach Moskauer und dann noch einmal nach Greenwich-Zeit (Greenwich Mean Time – GMT). Das  heißt, für die fünf Astronauten  beginnt das Jahr 2010 und damit auch das neue Raumfahrtjahrzehnt um 22.00 Uhr deutscher Zeit.

 
Mit Sekt oder Champagner können dabei aber Jeffrey Williams, Timothy Craemer (USA), Maxim  Surajew, Oleg Kotow (Russland) und Soichi Noguchi (Japan) nicht anstoßen. Der würde in der  Schwerelosigkeit aus der Flasche schießen und sich klebrig in der ganzen Station verteilen. Zudem  ist Alkohol an Bord verboten, wenngleich die Russen dem Vernehmen nach immer heimlich einen kleinen Vorrat davon dabei haben sollen. Also muss irgendein Saft oder Wasser als Ersatz dienen. Das  Silvester-Menü aus der Konserve wird diesmal um Sushi bereichert, das der Japaner für seine Kollegen frisch zubereitet.
 
 
Den ersten Jahreswechsel auf der Umlaufbahn haben 1974 die US-Astronauten Gerald Carr, Edward  Gibson und William Pogue  in der Raumstation „Skylab“ gefeiert. Wie, das ist nicht so recht überliefert. Die Russen haben 1977 mit Georgi Gretschko und Juri Romanenko in der Orbitalstation „Salut 6“  nachgezogen. Damals war übrigens  Wodka an Bord offiziell noch erlaubt – für den Notfall eines „Brandes“,  wie es hieß.
 
Mit den Langzeitflügen ist es schon fast zur Norm geworden, dass Raumfahrer den Jahreswechsel an  ihrem Arbeitsplatz verbringen. Den Rekord halten dabei die Russen Sergej Awdejew und Sergej Krikaljow  mit je drei Mal. Krikaljow, der sechsmal im All war und heute Chef des Kosmonautenausbildungszentrums „Juri  Gagarin“ („Sternenstädtchen“) ist, erinnert sich: „Der kleine Weihnachtsbaum war aus Plastik, und  wir haben kleine Geschenke angehängt. Aber anstelle zu hängen, richteten sie sich wie Stachel nach  verschiedenen Seiten aus.“ 
 
 
In den Anfangsjahren der Raumfahrt waren Silvesterfeiern im All eine reine Männerdomäne. Erst 1994    war mit der Russin Jelena Kondakowa eine Lady dabei. Sie war mit ihren Landsleuten Alexander Wiktorenko und Waleri Poljakow in der MIR-Station unterwegs, die sie zuvor festlich geschmückt hatte. Die Männer revanchierten sich dafür mit der angeblich ersten „Weltraumtorte“.  Zwölf  Jahre später konnte US-Astronautin Sunita Williams als zweite Frau gemeinsam mit ihrem Landsmann  Michael Lopez-Alegria und dem Russen Michail Tjurin Silvester in der ISS feiern.
 
 
Echte Weihnachtsbäume hat es in der Station nie gegeben. Die Gefahr ist zu groß, dass sich ihre Nadeln selbstständig machen und von der Klimaanlage angesaugt werden. Deshalb greift man auf Kunststofftannen zurück. 2008 waren drei an Bord: eine im russischen „Swesda“- und eine im  amerikanischen „Destiny“-Modul  sowie eine an der Außenhaut der Station. Kurz vor Heiligabend haben  Kotow, Creamer und Noguchi eine vierte mit nach oben gebracht. Wo die ihren Platz bekommen hat, werden wir auf den Silvester-Bildern aus dem All sehen.
 
(Material für ddp)

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