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Berlin/Moskau — Nach über 30-jähriger Zwangspause wendet sich Russland wieder dem Mond zu. Wenn alles nach dem Willen der Wissenschaftler läuft, soll 2012 die automatische Station „Luna-Glob“ zum Erdtrabanten geschickt werden. Im August 1976 war mit „Luna 24“ letztmalig eine sowjetische Sonde auf ihm weich gelandet und hatte 170,1 Gramm Mondgestein zur Erde gebracht.

„Luna-Glob“ soll an den beiden Polen nach Wasser suchen und den inneren Aufbau des Mondes erforschen.
Dazu werden so genannte Penetratoren in die oberen Schichten geschossen. Sie dienen als Seismografen, mit denen der Aufbau der tieferen Schichten analysiert werden kann. Diese Messungen werden durch die Untersuchung der Anomalien des Gravitationsfeldes und der Exosphäre des Erdtrabanten ergänzt. Etwas später sollen dann ein Rover zum Mond geschickt und auf dessen Rückseite ein radioastronomisches Observatorium errichtet werden.

Eine bemannte Mondmission ist zwar von der Politik für das Jahr 2025 ins Auge gefasst, gefolgt von einer ständigen Basis in den Jahren 2027 bis 2032. Doch nach Überzeugung der Wissenschaft macht das wenig Sinn. Der Mond sei als Himmelskörper für die Kolonisierung ohne Interesse, sagte der Direktor des Moskauer Instituts für Kosmosforschung (IKI), Lew Seljony, der Nachrichtenagentur ddp. „Eine ständig bemannte  Mondbasis ist zu teuer und zudem perspektivlos, da unser ewiger Trabant eine der für den Menschen schädlichsten Umwelten hat“, begründete der Chef der Leiteinrichtung der russischen Weltraumforschung seine Haltung.

Ganz anders ist es beim Mars. Hier glaubt Seljony auch, dass sein Land schon heute für eine Mission zum Roten Planeten bessere Voraussetzung hat als jedes andere Land der Welt – die USA eingeschlossen. Wenn man in nächster Zeit mit den Vorbereitungen begänne, könnten russische Kosmonauten schon zwischen 2023 und 2025 auf ihm abgesetzt werden, sagte er. Mehr noch: Nach Ansicht des IKI-Chefs sollte Russland einem bemannten Marsflug absolute Priorität einräumen, auch wenn es dabei eher um ein „Prestigevorhaben denn um eine wissenschaftliche Aufgabe“ gehe.

Doch bis „Luna-Glob“ in Baikonur (Kasachstan) auf die Startrampe gerollt wird, können Russlands Wissenschaftler nur neidisch auf die Mond- und Marsaktivitäten ihrer Kollegen in den USA, Indien, Japan, China und auch Westeuropa schauen. Die Hoffnung, hier bald an alte Erfolge anknüpfen und wieder in der Weltspitze mitmischen zu können, ist in letzter Zeit ein bisschen größer geworden. Denn Ministerpräsident Wladimir Putin hatte erst vor kurzem angekündigt, bis 2011 umgerechnet sechs Milliarden Euro für die Raumfahrt locker zu machen. Wieviel davon in wissenschaftliche Programme fließt, die seit dem Zerfall des Sowjetimperiums praktisch eingestellt wurden, steht noch nicht fest. Putin denkt nämlich in erster Linie an die Finanzierung von Projekten zur volkswirtschaftlichen und sozialen Entwicklung Russlands.

(Veröffentlicht am 5. November 2008)